Erst kommt der Frost, dann der Genuss – es sei denn, sie hat böhmische Wurzeln!
Zwei „Sorten“ der Drosselbeere, wie die Eberesche auch genannt wird, sind häufig in Deutschland und Europa anzutreffen. An der überwiegend in der Natur, aber auch im Garten wachsenden Eberesche (Sorbus aucuparia) finden wir sehr herbe und bittere Beeren, weshalb diese zumindest einen Frost abbekommen sollten, weil die Kälte bei null Grad die Bitterkeit etwas mildert. Die seltenere Böhmische Eberesche bildet hingegen mildere Früchte aus. Die Eberesche, die übrigens zur Familie der Rosengewächse gehört, wächst entweder als Busch oder als Stamm bis zu 12 Meter hoch. Sowohl ihre gefiederten Blätter als auch die weißen Blütendolden können im Frühjahr gesammelt und getrocknet werden. Die im Sommer heranwachsenden, orange-rot leuchtenden Beeren finden großen Anklang bei Vögeln und insbesondere junge Drosseln versuchen sich daran auf der Suche nach Futter. Daher ist es gar nicht so einfach, im Oktober nach dem ersten Frost noch reife Beeren zu sammeln, denn hungrige Vögel schaffen es, einen Baum innerhalb eines Tages zu leeren.
Aufgrund ihrer Bitterkeit sind frische Beeren nur in kleinen Mengen genießbar. Das wiederum verhindert eine Überdosis der enthaltenen Parasorbinsäure, welche Erbrechen und Durchfall herbeiführen kann. Durch Kochen der Früchte werden die unbekömmlichen Inhaltsstoffe zerstört.
Fruchtsäuren (Zitronen- und Apfelsäure) sind deutlich wahrnehmbar bei Genuss der rohen Beeren und weisen auf einen hohen Gehalt von Vitamin C hin, welches seit alters her gegen Skorbut und Erkältungskrankheiten eingesetzt wird. Die natürlich vorkommende Sorbinsäure besitzt eine konservierende Wirkung insbesondere gegen Pilze und Bakterien.
Ebenfalls enthaltenen Pektine sorgen dafür, dass für gewöhnlich bei der Herstellung von Aufstrich kein Geliermittel gebraucht wird. Und aus dem enthaltenen Sorbit wurde früher ein Zuckeraustauschstoff gewonnen, der für Diabetiker geeignet ist. Carotinoide machen die leuchtende Farbe der Beeren und Gerbstoffe wirken entzündungshemmend, zusammenziehend, antibakteriell, antiviral, antiallergen und neutralisieren Gifte.
Die Blüten und Blätter werden im Frühjahr gesammelt und an einem luftigen Ort zum Trocknen aufgehängt. Hiervon kann ein Auszug gemacht werden, der traditionell als Hustentee für Kinder mit Milch gekocht und mit Honig gesüßt wird. Blättertee kann auch gegen Magen- und Durchfallerkrankungen helfen. Er reinigt überdies das Blut, die Blase und die Nieren. Menschen mit einer Nierenschwäche sollten daher vor Genuss eines solchen Tess erst um ärztlichen Rat fragen.
Die Vogelbeeren werden ab August geerntet, wenn die Beeren von der böhmischen Sorte kommen, und können roh in kleinen Mengen gegessen werden. Die weitläufig verbreitete Vogelbeere wird wegen der Bitterstoffe nach dem ersten Frost gesammelt. Beide Sorten eignen sich hervorragend zum Trocknen und damit zur Lagerung. Das Kauen getrockneter Beeren regt ebenfalls die Nierentätigkeit an. Für eine Entgiftungskur können über 30 Tage Beeren genommen werden, beginnend mit einer Beere an Tag eins, zwei Beeren an Tag zwei und so fort, bis Tag 15 und dann wieder rückwärts jeden Tag eine Beere weniger. So eine Kur ist auch mit Wachholderbeeren möglich.
Und wer den herben, bitteren Geschmack der Beeren mag, der kann daraus leckere Marmelade, Mus, Saft oder Aufstrich herstellen oder einen Schnaps aufsetzen, der die Stimme wieder erklingen lässt. Dies gilt sowohl bei Heiserkeit als auch bei einem Zuviel des Guten. Ansonsten hilft ein Gläschen durchaus bei Magen- oder Verdauungsbeschwerden.
Ein Ebereschensaft kann mithilfe eines Dampfentsafters, durch Passieren und Stehenlassen, durch Übergießen mit kochendem Wasser oder durch Kochen in Wasser gewonnen werden. Zum Haltbar machen werden Zitronen- oder Weinsteinsäure zugesetzt.
Für ein Mus aus Vogelbeeren werden diese entstribbelt, gewaschen und verlesen. Alsdann kommen die Beeren in einen Kochtopf und werden mit wenig Wasser weichgekocht. Anschließend durch ein Sieb streichen, abwiegen und mit der gleichen Menge Zucker einige Minuten kochen. Sofort in heiß ausgespülte Gläser mit Twist-off-Deckel abfüllen und schließen. Es lohnt sich, kleine Gläser zu nehmen, um Reste zügig zu verbrauchen. So ein Mus schmeckt zu Fleisch (Wild) und Käse (Camembert z.B.), ähnlich wie Preiselbeeren.
Auch für einen Ebereschen-Likör braucht es wenig: ¼ kg Birnen entkernen, mit der Schale in kleine Stücke schneiden und mit ca. 1 kg reifen, abgestribbelten, gewaschenen, abgetrockneten, verlesenen Vogelbeeren in ein großes Glas geben. 1 l Weinbrand aufgießen und das Glas verschließen. Für 6 Wochen an einen sonnigen Ort stellen und dabei täglich schütteln. Nach dem Reifen des Likörs diesen durch ein Tuch filtern und mit einer Zuckerlösung aus ½ l Wasser und ¼ kg Zucker mischen. Die Zuckerlösung sollte ca. 10 Minuten gekocht werden und ausgekühlt sein. In hübsche Flaschen abfüllen und genießen. Je länger der Likör steht, desto besser schmeckt er.
An dieser Stelle nochmal der Hinweis, dass Menschen mit Magen- oder Nierenproblemen vor „therapeutischem“ Genuss ärztlichen Rat einholen.
Viele Vogelbeeren am Baum/Strauch sollen auf einen harten und schneereichen Winter hindeuten.
Quellenangabe: „Die Kräuter aus meinem Garten“, Hirsch/Grünberger, Verlag Freya; „Enzyklopädie Essbare Wildpflanzen“, Fleischhauer/Guthmann/Spiegelberger, AT-Verlag