Der krause unter den Kohlköpfen ist ein alter Freund
Der Wirsing ist leicht zu erkennen. Im Gegensatz zum Rotkohl oder Weißkohl sind seine Blätter von zahllosen Furchen, Runzeln und Falten durchzogen. Dementsprechend ist der Kohlkopf auch nicht zu einem festen Ball zusammengelegt, sondern springt auf wie eine Rose. Die äußeren Blätter sind dunkelgrün, nach innen werden sie immer heller und zarter. Es heißt, der Wirsing werde schon seit dem 18. Jahrhundert in unseren Regionen angebaut. Ursprünglich aber kommt er aus Norditalien, und daher stammt auch der eigentümliche Name. Auf lombardisch heißt er nämlich "verza" von lateinisch "viridia". Und das heißt einfach nur "grünes Gemüse". Das klingt, als sei der Wirsing (Brassica oleracea convar. capitata var. sabauda L.) die Mutter aller Gemüse, und das ist er quasi auch. Denn der Kohl ist ziemlich frosthart, kommt mit unserem Boden gut zurecht und ist lange haltbar. Der ideale Freund, um uns durch den Winter zu bringen. Kein Wunder, dass er schon so lange zu unseren Lieblingsgemüsen gehört.
Viel zuzubereiten ist beim Wirsing nicht. Die Blätter werden vom Strunk gelöst, gewaschen und dann komplett oder auch kleingeschnitten gekocht. Wie bei fast allen Kohlsorten gilt: kurz blanchieren macht ihn etwas verträglicher. Und immer sollte gemahlener Kümmel dazugegeben werden.
Aber der Wirsing ist auch in der Not ein guter Freund. Kohlauflagen wussten unsere Großmütter noch anzuwenden. Heute ist das Wissen um die heilsame Wirkung der Kohlblätter leider nahezu vergessen. Dabei können sie bei Gelenkschmerzen wahre Wunder bewirken. Dazu müssen wir die Kohlblätter in Streifen schneiden, auf ein sauberes Tuch legen und mit einem Nudelholz so lange bearbeiten, bis Saft austritt. Dann das Tuch zu einem Wickel falten und auf das Gelenk legen, allerdings nicht bei akuten Entzündungen. Anleitungen für Kohlwickel sind im Internet leicht zu finden. Und preiswerter als jede Sport- oder Schmerzsalbe sind sie auf jeden Fall.
Ein Wirsing ist ein Wirsing und bleibt ein Wirsing. Oft über Wochen - wenn es nicht gerade eine Raupe geschafft hat, mit in die Kiste im kühlen, dunklen Keller zu wandern. Und selbst, wenn die äußeren Blätter etwas gelb geworden sind, ist er innen noch grün und saftig.
Das, was den typischen Kohlgeruch ausmacht und auch für die bemerkenswerte Heilkraft des Kohls verantwortlich ist, sind die Senfölglykoside. Sie regen die Durchblutung an und sorgen für den scharfen Geruch oder Geschmack. Aber natürlich sind im Wirsing auch Vitamine. 100g roher Wirsing deckt den gesamten Tagesbedarf an Vitamin C.
Kohlrouladen, Kohlaufläufe mit viel Käse und Kartoffeln, Suppe, Quiche, Pizza - es gibt fast nichts, was wir nicht mit Wirsing machen könnten. Einziger wichtiger Hinweis: Auch wenn die Wirsingblätter dick, robust und hart wirken - sie sind schnell gar. Wer sie nicht so ganz weich haben möchte, kontrolliert besser öfter mal, ob der Wirsing nicht schon gut ist. Und ein bisschen Sahne oder Butter verstärkt den Geschmack.